Außerparlamentarisches Bündnis für die Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention in Thüringen

Sprecherin Silvia Becker
Kontakt über:
LV Selbstbestimmt Leben in Thüringen e. V.
Aktiv leben Konzept Erfurt
Rothdornweg 13
90089 Erfurt

Sprecherin Rosemarie Schmidt
Kontakt über:
Landesverband für Menschen mit Behinderung Thüringen e. V.
Rießnerstraße 12b
99427 Weimar

Sprecher Jens Elschner
Kontakt über:
Landesverband der Hörgeschädigten Thüringen e. V.
Rießnerstr.12b
99427 Weimar
Tel./Fax 03643/ 457 93 58
Petition (Entwurf)
Der Gesetzgeber des Landes Thüringen hat am 30. Juli 2019 das ThürGIG -Thüringer Gesetz zur Inklusion und Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (GVBl. Nr. 9 vom 19.08.2019 S. 303) beschlossen.
Dieses Gesetz erfüllt die von den Menschen mit Behinderungen erwarteten Änderungen nicht ausreichend.
Wir fordern:
1.Wirklich den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern, statt in Ansätzen zu verharren!
2.§ 6 Umsetzung von Inklusion und Gleichstellung
(1) Die Träger der öffentlichen Gewalt sind verpflichtet, die in § 1 Abs. 1 genannten Ziele im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs umzusetzen, sich aktiv dafür einzusetzen und die besonderen Verpflichtungen dieses Gesetzes einzuhalten. Sie wirken darauf hin, dass auch Vereinigungen, Einrichtungen und juristische Personen des Privatrechts, deren Anteile sich unmittelbar oder mittelbar ganz oder überwiegend in ihrer Hand befinden, diese Ziele in angemessener Weise berücksichtigen.
Wir fordern, nicht bloß die Träger öffentlicher Gewalt zu verpflichten, das Gesetz einzuhalten und darüberhinausgehend alle Unternehmen mit mehrheitlicher Beteiligung der öffentlichen Hand ebenso wie kommunale Eigenbetriebe. Auch Privatunternehmen, die aus öffentlichen Krediten oder Fördermitteln bedient werden oder denen die Erfüllung öffentlicher Aufgaben übertragen ist, sind zur Einhaltung zu verpflichten!
3. Förderung, Schutz und Achtung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten ist durch höherrangige Gesetze gefordert! Das Thüringer Gesetz beschäftigt sich stattdessen nur mit Teilbereichen. Hier muß das Anwendungsgebiet des Gesetzes vergrößert werden. Für den Fall, dass dies wegen Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers unzulässig wäre, muß von Thüringer Seite eine entsprechende Bundesratsinitiative entfaltet werden!
4.§ 14 Verständlichkeit und Leichte Sprache
(1) Die Träger der öffentlichen Gewalt müssen mit Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen in einfacher und leicht verständlicher Sprache kommunizieren. Insbesondere sollen sie diesen Menschen auf Verlangen Bescheide, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke ohne zusätzliche Kosten in einfacher und leicht verständlicher Art und Weise erklären. Diese Erklärung kann durch die Träger der öffentlichen Gewalt sowohl in mündlicher Form als auch in schriftlicher Form in Leichter Sprache erfolgen.
(2) Die Träger der öffentlichen Gewalt berücksichtigen die Belange von Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen und Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen bei der Veröffentlichung und Herausgabe von Informationen, die sich speziell an Menschen mit Behinderungen im Sinne des § 3 richten. Sie sollen durch Weiterbildung ihrer Mitarbeiter darauf hinwirken, dass entsprechende Kompetenzen für das Verfassen von Texten in Leichter Sprache auf- beziehungsweise ausgebaut werden.
Die Hilfestellungen für Menschen mit kognitiven oder körperlichen Beeinträchtigungen sind nicht ausreichend, so dass hier Änderungen erforderlich sind! Die nach diesem Gesetz Verpflichteten müssen die im behördlichen Verkehr eine Zuhilfenahme persönlicher Assistenz durch die insoweit beeinträchtigten Menschen während der gesamten Verfahren dauerhaft gewährleisten!
4.§ 22 Kommunale Beauftragte für Menschen mit Behinderungen, Landesarbeitsgemeinschaft der Beauftragten für Menschen mit Behinderungen
Die kommunalen Beauftragten müssen in Landkreisen und kreisfreien Städten notwendig bestellt werden. Die nach derzeitigem Recht geltende Ehrenamtlichkeit ist zu beseitigen. Stattdessen sind für die bestellten Personen öffentlich-rechtliche Amts- bzw. Anstellungsverhältnisse zu schaffen!
5.
§ 24 Verbandsklagerecht
(1) Ein nach Absatz 3 anerkannter Verband kann gegen einen Träger der öffentlichen Gewalt, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Klage nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes erheben auf Feststellung eines Verstoßes
gegen das Benachteiligungsverbot nach § 8 Abs. 1,
gegen die Verpflichtung des Landes zur Herstellung der Barrierefreiheit nach § 10 Abs. 1 bis 5, § 13 Abs. 3 bis 5, § 14 Abs. 1 und § 15 oder
gegen Vorschriften des Landesrechts, die einen Anspruch auf Herstellung der Barrierefreiheit im Sinne des § 5 vorsehen.
Satz 1 gilt nicht, wenn eine Maßnahme aufgrund einer Entscheidung in einem verwaltungs- oder sozialgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist sowie für Entscheidungen der Bauaufsichtsbehörden im Vollzug der Thüringer Bauordnung.
Die Bestimmungen zum Verbandsklagerecht sind zu ändern und zu erweitern. Es muß ein Verbandsklagerecht geschaffen werden gerade auch für Maßnahmen, die aufgrund einer Entscheidung in einem verwaltungs- oder sozialgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden sind ebenso wie für Entscheidungen der Bauaufsichtsbehörden im Vollzug der Thüringer Bauordnung, weil es keine Rechtfertigung gibt, diese Komplexe auszuklammern. Die Behindertenrechte bestehen auch in diesen Bereichen und eine Aussicht auf wirkungsvolle Durchsetzung besteht nur durch das weite Verbandsklagerecht, in der der Verband zum starken Prozeßstandschafter für den behinderten Menschen wird!


